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Kann man das lernen?

Interkulturelle Kompetenz in der Verwaltung

Für eine Frau mit Migrationshintergrund soll ein Antrag bei einer Behörde gestellt werden. Sie erscheint zu dem eingeladenen Termin mit ihrem Ehemann. Auf Fragen der Sachbearbeiterin spricht lediglich der Mann. Daraufhin bittet die Behördenmitarbeiterin den Ehemann hinaus. Der ist empört, er will bleiben, die Frau bricht in Tränen aus, eine lautstarke Diskussion beginnt. Die Sachlage kann nicht geklärt werden. Ein neuer Termin muss anberaumt werden.

Interkulturelle Kompetenz ist durch Training erlernbar

FortbildungsteilnehmerInnen bauen an einer Brücke
Ein Ziel der Fortbildung ist es, Verständnis zu schaffen für kulturelle Unterschiede und verschiedenartige Lebenswelten. Dazu ist es manchmal notwendig, "Brücken zu bauen".

Fast 30 % aller BremerInnen haben einen Migrationshintergrund. Was erwarten sie, wenn sie bei Behörden Anträge stellen müssen? Die MigrantInnen möchten die BehördenvertreterInnen verstehen, ihr Anliegen verständlich machen und die Sachlage klären können. Wie alle wünschen sie sich einen respektvollen und freundlichen Umgang, eine zügige Bearbeitung und eine zufriedenstellende Lösung. Für die gute Verständigung zwischen Verwaltung und BürgerInnen mit Migrationshintergrund bedarf es MitarbeiterInnen, die sich der jeweiligen Situation ihres Gegenübers annehmen und das Gespräch so führen, dass Konflikte vermieden werden. Interkulturelle Kompetenz ist dabei ein wichtiger Baustein. Interkulturelle Kompetenz ist durch Training erlernbar. Sie ist eine Fähigkeit, die insbesondere durch Erfahrungen erlernt wird. Im interkulturellen Training wird deshalb neben der Wissensvermittlung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Übungen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung gearbeitet, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Nachdenken bringen und zu eigenen Erkenntnissen führen. Hierbei wird den TeilnehmerInnen auch deutlich, welche Vorurteile das eigene Handeln prägen. Mit diesem Bewusstsein werden Situationen plötzlich anders bewertet. In unserem Beispiel könnte die Sachbearbeiterin folgende Fragen stellen: Warum spricht die Frau nicht mit mir? Kann sie überhaupt die deutsche Sprache verstehen? Das kann sie durch die direkte Ansprache ausprobieren. Dann kann sie auch akzeptieren, dass der Ehemann übersetzt oder eventuell einen Dolmetscher dazuholen. Andere Fragen sind z. B.: Ist es in ihrer Kultur üblich, dass der Ehemann die Verwaltungsangelegenheiten regelt? Wünscht sich die Frau, dass der Ehemann das Gespräch führt? Noch weitere andere Gründe sind denkbar. Je nach Situation hätten dann verschiedene Verhaltensmöglichkeiten bestanden, und die Sachlage hätte zufriedenstellend geklärt werden können. In den Jahren 2011 und 2012 sind 25 Kolleginnen und Kollegen für interkulturelles Training in der bremischen Verwaltung ausgebildet worden. Sie sollen ihr Wissen weitergeben. Dabei soll auf die Besonderheiten der jeweiligen Dienststellen Bezug genommen werden. Migrationsgeschichte und Mitgrationserfahrungen sind in Bremen Normalität. Durch die vom Aus- und Fortbildungszentrum organisierten Schulungen kann dem Ziel der Teilhabe und Integration ein Stück näher gekommen werden.

Karen Vogel-Krawczyk

Datenerhebung

Die Senatorin für Finanzen will Ende 2012 alle Beschäftigten im bremischen öffentlichen Dienst online über ihre Herkunft befragen. Die Teilnahme ist freiwillig und anonym. Ziel ist es zu ermitteln, wie viele Beschäftigte einen Migrationshintergrund haben und wie viele nicht. Hierzu gibt es bisher keine Daten. Es wird davon ausgegangen, dass die Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund unter den Beschäftigten unterrepräsentiert ist. Unklar ist auch, in welche Bereiche und Laufbahnen sich die KollegInnen aufteilen. Der Schutz der persönlichen Daten ist sichergestellt.