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BEP statt PEP

Finanzierungsquelle Büroflächen

Zu Beginn der Legislaturperiode hat die rot-grün-rote Koalition PEP auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. PEP, das schönfärberisch als „Personalentwicklungsprogramm“ bezeichnete System pauschaler Kürzungsvorgaben für die Personalhaushalte. Jetzt, kurz vor Ende der Legislaturperiode zeichnet sich ein neuer Irrsinn ab. Nennen wir ihn mal BEP.
Einige Politiker:innen haben eine neue Finanzierungsquelle entdeckt, einen potentiell geradezu magisch sprudelnden Gesundbrunnen für die bremischen Finanzen: Die Büroflächen. Gähnende Leere auf Verwaltungsfluren wollen sie beobachtet haben. Und führen das nicht auf die lange Zeit angespannte Coronasituation - einschließlich gesetzlicher Homeofficepflicht - zurück. Sondern auf die reine Liebe zum Homeoffice. Deshalb schlussfolgern sie: Bremen kann in großem Stil Büroflächen abmieten und dabei sogar noch die Attraktivität der Arbeitsplätze steigern. Und es werden auch schon, wie weiland bei PEP, Quoten über den Umfang des Büroflächenabbaus in die Welt gesetzt. Aus der Hüfte geschossen, ohne irgendwelche belastbaren Grundlagen.
Ein wahrer Stratege kümmert sich nicht um die Mühen der operativen Umsetzung seiner großartigen Pläne. Ein wahrer Stratege stellt sich nicht die Frage, welche praktischen Handlungsoptionen denn angesichts meist sehr langfristiger Mietverträge zur Verfügung stehen. Selbst wenn, was ich sehr bezweifle, die Begeisterung fürs Homeoffice so verbreitet sein sollte, müsste in den nächsten Jahren am besten bei jedem auslaufenden Mietvertrag auf eine Verlängerung verzichtet werden. Nur so kann die Finanzierungsquelle Büroflächen zügig in relevantem Umfang angezapft werden. Die jeweils betroffenen Dienststellen müssten dann in das nächstkleinere Objekt umziehen und so eine ganze Kaskade von weiteren Umzügen auslösen (siehe Schaubild). Das ist mobiles Arbeiten in einer ganz neuen Dimension. Oder besser mobile Arbeitsverhinderung. Sieht aber immerhin sehr „agil“ aus.
Vielleicht ist das eigentliche Kalkül ja auch, die Beschäftigten so lange mit Umzügen zu nerven, bis sich auch die Letzten und Widerborstigsten ins Homeoffice verziehen. So könnte man vielleicht noch größere Flächen einsparen. Und mit dem Onlinezugangsgesetz wird ja eine physische Präsenz von Verwaltung weitgehend entbehrlich - oder habe ich das falsch verstanden?
Eine andere Strategie könnte sein, beim Abmieten von Verwaltungsgebäuden die Dienststellen bunt verstreut in gerade nicht benötigten Teilflächen anderer Liegenschaften unterzubringen. Auch das hat viele Vorteile: Der Flurfunk verstummt, und atomisierte Bedienstete verschwenden keine Zeit mit Tür- und Angelgesprächen. Dagegen sind kleine Abstriche bei der organisatorischen Zweckmäßigkeit eher unbeachtlich. Nicht zuletzt könnte man so auch Statusfragen angemessen berücksichtigen. Normales Verwaltungspersonal wird in möglichst abgelegene Liegenschaften verbannt, Führungskräfte erhalten Büros in repräsentativer Lage.

Burkhard Winsemann