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Weißblaue Geschichten

Innovative Fortentwicklung des Rechts in Bayern

Blick auf die Berge im Allgäu
Von diesen hohen Bergen hat man Weitblick - das zeigt die Entscheidung im Falle Ecclestone

Vielleicht sollten wir diese Kolumne umbenennen. Königlich-bayerisches Amtsgericht? Die Justiz im weißblauen Freistaat überrascht uns ja nun immer wieder mit innovativen Fortentwicklungen des Rechts, die weit über die Deutung einzelner Paragrafen hinausreichen. Wir alle erinnern uns noch an das revolutionäre Windhundverfahren bei der Vergabe der Zuschauerplätze im NSU-Prozess. Oder an die sensationell schnelle und gleichermaßen präzise Sachaufklärung im Fall des Würstchenkönigs U. H. (MUMM 1/2014). Und jetzt der Fall Bernie Ecclestone: Gegen Zahlung von 99 Mio. $ an die bayerische Staatskasse und 1 Mio. $ an eine gemeinnützige Stiftung entgeht er einem Strafprozess wegen Korruption. Man mag sich fragen, ob denn diese fantastische Summe zu einer Straftat passen kann, deren Schwere der Einstellung des Verfahrens nicht entgegensteht. Man mag sich auch fragen, ob 44 Mio. $ Schmiergeld, um die es in dem Verfahren ging, wirklich als Kleinigkeit eingestuft werden können. Und man mag sich fragen, ob es überhaupt Sinn ergibt, ausgerechnet ein Verfahren wegen Korruption gegen Geldauflagen einzustellen. Wer sich wegen Körperverletzung verantworten muss, könnte da ja auf den Gedanken kommen, Gericht und Staatsanwaltschaft je eine ordentliche Tracht Prügel anzubieten.
Aber all diese Überlegungen gehen am eigentlichen Kern der Sache vorbei. Der Freistaat Bayern schickt sich mit der Entscheidung an, sich vollends aus der bundesstaatlichen Finanzverfassung zu verabschieden und seinen Haushalt auf völlig neue Weise zu finanzieren. Die Diskussion über die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs verliert dadurch an Brisanz. Der Löwenanteil des Schmiergeldes wurde eingezogen und floss dem bayerischen Staatshaushalt ungeschmälert zu, ebenso wie es mit der Geldauflage der Fall sein wird. Kein Bundesanteil, kein Länderfinanzausgleich. Wenn aber die Bayern LB aufgrund des Handelns ihres Managements schlechte Geschäfte macht und deshalb weniger Steuern zahlt, geht dies zu großen Teilen zu Lasten des Bundes und der anderen Länder. Bayern wird endlich wieder Nehmerland im Länderfinanzausgleich. Und wenn die Bayern LB allzusehr in Schieflage gerät, müssen die Sparkassen und Landesbanken im gesamten Bundesgebiet aushelfen.
Während also Bremen sich mit umfangreichen Projekten zur Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung mühsam daran macht, letzte Reserven in den öffentlichen Haushalten zu erschließen, saniert Bayern seinen Haushalt mit einem einzigen Federstrich.

Burkhard Winsemann