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Was machen eigentlich BewährungshelferInnen?

"Die Sozialen Dienste der Justiz müssen ihre Menschlichkeit behalten"

Bild von Rosmarie Matthes-Lippert
Rosemarie Matthes-Lippert ist ganz dicht dran an den Menschen, die sie berät

Es gibt wirklich tolle Berufe im Bremer öffentlichen Dienst. Häufig ganz dicht dran, an den BürgerInnen unserer Stadt. Auf dem Weg zu meinem Termin kommt mir die Feuerwehr mit Alarm entgegen. Genau, denke ich, ganz dicht dran an den BürgerInnen unserer Stadt. Doch was machen eigentlich BewährungshelferInnen?
Diese Frage ist wichtig, denn ich treffe mich gleich mit Rosemarie Matthes-Lippert, Mitarbeiterin und Personalrätin bei den Sozialen Diensten der Justiz im Lande Bremen. Sie hat mir zugesagt, mich inhaltlich ein wenig über die Arbeit ihrer Behörde zu informieren.
Was ich bisher weiß, BewährungshelferInnen werden von Amts wegen verurteilten StraftäterInnen zur Aufsicht und Hilfestellung zur Seite gestellt. Am Wall angekommen betrete ich die neu bezogenen Räumlichkeiten der Sozialen Dienste der Justiz. Einst war hier ein namhaftes Bremer Schreibwarengeschäft ansässig.
Rosemarie Matthes-Lippert begrüßt mich in ihrem freundlich eingerichteten Büro. Schnell wird mir im Gespräch klar, ihre Aufgaben sind vielfältig und sehr anspruchsvoll. Als BewährungshelferIn arbeitet man in Bremen in den Bereichen Gerichtshilfe, Führungsaufsichten und Bewährungshilfen. Wenn Urteile mit Auflagen zur Bewährung ausgesprochen werden, kommen BewährungshelferInnen wie Rosemarie Matthes-Lippert zum Einsatz. Ein Bewährungsbeschluss regelt, was Verurteilte machen bzw. nicht machen dürfen. Ob diese Kontakt zur Bewährungshilfe oder Drogenhilfe aufnehmen oder eine Therapie machen müssen.
Im Strafverfahren ermittelt die Gerichtshilfe die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeschuldigten oder Verurteilten. Sie ist auch eine Möglichkeit der Hilfestellung für Betroffene vor oder während eines Verfahrens. Dazu kann z. B. die Vorbereitung einer Hauptverhandlung oder die Erstellung eines ausführlichen Lebenslaufs gehören.
"In erster Linie kontrollieren wir die Auflagen und Weisungen der Gerichte. Die Gerichte sind unsere Auftraggeber", unterstreicht Rosemarie Matthes-Lippert. Sie berichtet mir, dass im Zuge der Umstrukturierung der Sozialen Dienste in der Justiz die Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht in den meisten Bundesländern zu einer Organisation zusammen geführt wurden. Auch in Bremen wurde im Jahr 2011 die eigenständige Behörde der Sozialen Dienste der Justiz geschaffen. Die Behörde hat im Land Bremen insgesamt drei Standorte, Bremen Stadt, Bremen Nord und Bremerhaven.
Insgesamt arbeiten dort rund 35 BewährungshelferInnen, die alle SozialpädagogInnen oder SozialarbeiterInnen sind. Außerdem wird das Team durch fünf Verwaltungsfachangestellte verstärkt.
Die Sozialen Dienste der Justiz haben viele Kooperationspartner, um die Problemlagen der KlientInnen anzugehen. Unterstützt werden sie
z. B. von der Schuldnerberatung, Wohnungshilfe, Berufshilfe oder dem Betreuten Wohnen. "Die Kooperationspartner unterstützen uns dabei, dass unsere KlientInnen eine Chance bekommen, zukünftig straffrei leben zu können. Das ist unsere Aufgabe!", sagt Rosemarie Matthes-Lippert.
Sie macht jedoch deutlich, dass es sehr schwierig ist. Die KlientInnen haben keine Lobby, sie werden in unserer Gesellschaft übersehen und stigmatisiert. Regelmäßig werden die KlientInnen bei wichtigen Terminen von MitarbeiterInnen der Sozialen Dienste der Justiz begleitet. Es ist schon erstaunlich, wie sich der Tonfall ändert, wenn die MitarbeiterInnen sich im laufenden Gespräch zu erkennen geben. Doch gerade diese Menschen brauchen eine solide Hilfestellung. Es ist wichtig, dass den Klienten der Sozialen Dienste der Justiz Wertschätzung entgegengebracht wird. "Wir haben ein offenes Ohr und hören zu. Wir machen ihnen deutlich, dass sie wer sind und etwas können", so
Matthes-Lippert.
Es geht darum, rechtskonformes Handeln zu erlernen und rechtswidrigem Handeln vorzubeugen. Was den Reiz ausmacht, in diesem Bereich zu arbeiten, wird im Gespräch ganz deutlich. "Ich mag Menschen. Und ich glaube, jeder Mensch hat positive Seiten", sagt sie. "Um diese Arbeit
machen zu können, muss man schon ein positives Menschenbild haben, sonst geht das nicht. Gerade wenn man Urteile liest und sieht, wozu Menschen fähig sind".
Mir wird klar, auch in diesem Bereich muss man ganz dicht am Menschen dran sein.
Rosemarie Matthes-Lippert ist auch als Personalrätin ganz dicht bei ihren KollegInnen. Seit Dezember letzten Jahres ist sie Personalratsvorsitzende und für diese Tätigkeit mit fünf Stunden in der Woche freigestellt.
Als Personalrätin ist es ihr besonders wichtig, die Bedürfnisse der KollegInnen nicht aus den Augen zu verlieren. "Denn der Gedanke, dass es unseren KlientInnen schlechter geht als uns, darf nicht zur Selbstausbeutung führen", sagt sie. Es wird seit Jahren Personal eingespart, was sich natürlich auf die Fallzahlen auswirkt. Matthes-Lippert bearbeitet aktuell 77 Bewährungs- und Führungsaufsichten und 11 Fälle der Gerichtshilfe. Sie kritisiert, dass leider 80 % der Arbeit Verwaltungstätigkeiten sind. "Wir schreiben viele Stellungnahmen, da bleibt dann sehr wenig Zeit für den Menschen und die notwendige Beziehungsarbeit." Da ist es wichtig, gerade als Personalrätin, der Leitung deutlich zu machen, dass bestimmte Dinge mit dem wenigen Personal eben nicht machbar sind. "Dann sagen wir ganz deutlich Nein!", so Matthes-Lippert. "Natürlich kann es manchmal auch einen Kompromiss geben."
Was wünscht sich Matthes-Lippert für die Zukunft der Sozialen Dienste der Justiz?
"Tja, unsere Gesellschaft verändert sich. Mein Wunsch ist auf jeden Fall, dass die eigene Behörde ihre Menschlichkeit behält".
Mir scheint, dass der Personalrat der Sozialen Dienste der Justiz ausgesprochen gut aufgestellt ist und daran mitwirken wird.

Mit Rosemarie Matthes-Lippert sprach Lars Hartwig