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Stopp, mehr schaffe ich nicht!

Überlastungsanzeigen zeigen Mängel und Gefahren auf

Frau am Schreibtisch, hinter ihr ein großer Berg von Papier

Der organisatorische Umbau öffentlicher Verwaltungen und der anhaltende Personalabbau haben die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten deutlich verändert. Arbeitsverdichtung und die Zunahme von Stress sind die Folgen. Dabei wird immer wieder deutlich: Überlastung und Überforderung bei der täglichen Arbeit haben in den seltensten Fällen mit mangelnder Leistungsfähigkeit zu tun. Vielmehr sorgen die entstandenen Organisationsmängel, vor allem aber mangelhafte Personalausstattung in vielen Arbeitsbereichen dafür, dass Beschäftigte die ihnen übertragenen Aufgaben einfach nicht mehr schaffen können. Überlastungssituationen sind Anzeichen dafür, dass die Balance zwischen den Aufgaben und der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit aus den Fugen geraten ist.

Was ist eine Überlastungsanzeige?

Die Überlastungsanzeige ist der schriftliche Hinweis von Beschäftigten an den Arbeitgeber, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitsleistung gefährdet ist und ein Schaden für den Arbeitgeber bzw. Dritte (z. B. BürgerInnen) entstehen kann. Gesetzliche Regelungen zu diesem Instrument fehlen, Überlastungsanzeigen haben sich in der betrieblichen Praxis entwickelt. Allgemein sind ArbeitnehmerInnen im Rahmen der gesetzlichen Treuepflicht gem. § 242 BGB verpflichtet, die Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen und Schäden für den Arbeitgeber bzw. Schäden gegenüber Dritten möglichst zu verhindern. Unterlaufen Beschäftigten Fehler auf Grund von Arbeitsüberlastung, so können solche "Pflichtverletzungen" Schäden hervorrufen. Die ArbeitnehmerInnen sind in derartigen Fällen ggf. schadensersatzpflichtig. Zwar gilt dies in der Regel nur bei vorsätzlichem und grob fahrlässigem Fehlverhalten, doch sind damit in der Praxis oft komplizierte und mit Risiken behaftete Rechtstreitigkeiten verbunden.
Der Arbeitgeber ist jedoch ebenso in der Pflicht (§ 618 BGB), die ArbeitnehmerInnen gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen. Daraus ergibt sich Handlungsbedarf für beide Seiten.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil (BAG 27.09.1994 - AP Nr. 103) entschieden:
"Bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit kann die Arbeitsüberlastung, die Eilbedürftigkeit und die von dem Angestellten nicht zu vertretende Übermüdung eine Rolle spielen. Ein Mitverschulden des Arbeitgebers kommt z. B. in Betracht bei fehlerhafter Anweisung, Organisationsmängeln oder bei Überforderung des Arbeitnehmers. Der Angestellte soll den Arbeitgeber auf derartige Umstände hinweisen, z. B. durch eine sog. Überlastungsanzeige."
Mit schriftlichen Überlastungsanzeigen machen demnach die betroffenen MitarbeiterInnen auf Mängel und Gefahren aufmerksam. Dabei geht es nicht darum andere zu belasten: Sie können vielmehr ein wirkungsvolles Instrument sein, um sich zu entlasten.

Die Überlastungsanzeige ist kein Freibrief!

Sie ist ein Nachweis, dass dem Arbeitgeber unhaltbare Zustände (wie
z. B. anhaltender Personalmangel) bekannt sind. Die Verantwortung für entstandene Arbeitsrückstände und hieraus resultierende Folgen wird somit nicht von den Beschäftigten übernommen. Eine Überlastungsanzeige berechtigt nie zu pflichtwidrigem Handeln. Sie entbindet die Beschäftigten nicht von ihren Pflichten zur sorgfältigen Arbeitsleistung.

Überlastungsanzeige in Dienstvereinbarung aufnehmen

Damit Überlastungsanzeigen nicht im "Papierkorb oder auf der langen Bank landen" empfehlen wir, dieses Instrument und klare Verfahrensregeln dazu in die Dienstvereinbarung zur Arbeitszeitgestaltung aufzunehmen. Dabei sollten folgende Aspekte geregelt sein:
- Wem gegenüber wird die Überlastungssituation angezeigt?
- Form und Inhalt der Überlastungsanzeige
- Wer ist für die Entlastung verantwortlich?
- Beispielhafte Aufzählung von Entlastungsmöglichkeiten
- Bearbeitungsfristen
Damit wird Klarheit für Beschäftigte und Führungskräfte geschaffen. Somit können Überlastungsanzeigen ein wirksames Instrument zum Schutz der Beschäftigten und zur Verbesserung der Arbeitsabläufe und -prozesse sein.

Renate Sternatz
Bereichsleiterin Fachbereich
Gemeinden ver.di-Bundesverwaltung