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Das 21. Kind

Überforderung für Kinder und Erzieher_innen

Foto von toren Christians am Rednerpult
Toren Christians vom Personalrat KiTa Bremen macht deutlich, dass die Gruppenvergrößerung auf 21 Kinder einer Bankrotterklärung des Senats zur Kita-Qualität gleichkommt

Nun ist es also doch passiert! Aus Angst vor Klagen von Eltern und wegen der Sorge um Verzögerungen beim Ausbau von Kita-Plätzen hat der Senat beschlossen, die Größe der Gruppen für Kinder im Alter von 3 - 6 Jahren zu vergrößern.
Die jetzt getroffene Entscheidung stößt bei Eltern, Kolleginnen und Kollegen auf absolutes Unverständnis. Mitte Mai, zwei Tage vor der Personalversammlung bei KiTa Bremen wurde über die Presse informiert, dass die Senatorin für Kinder und Bildung die Grenze der Gruppengröße von 20 Kindern nicht mehr will. Die Stimmung der Kolleginnen und Kollegen war am Tag der Personalversammlung entsprechend aufgeheizt.
Als Personalrat haben wir deutlich gemacht, dass der geplante Schritt einer Bankrotterklärung des Senats zur Kita-Qualität gleichkommt. Das Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung ist seit vielen Jahren mit dem quantitativen Ausbau be-lastet. Diese Belastung wird sich auch in den nächsten Jahren in Bremen fortsetzen. Für das 2016 beschlossene Ausbauprogramm werden in den nächsten drei Jahren in der Stadt Bremen mehr als 750 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher gebraucht.
Die Kolleginnen und Kollegen bei KiTa Bremen, aber auch bei den freien Trägern, haben in Versammlungen, Briefen an ihre Geschäftsführungen und bei Demonstrationen eindrucksvoll deutlich gemacht, warum ein 21. Kind mehr als eine
5%ige Arbeitserhöhung ist und welche Grenze hier für 3 Jahre überschritten werden soll. Die Argumente der in Kitas Beschäftigten sind:

  • Hohe Arbeitsbelastungen
  • Fehlende und zu kleine Räume wie zum Beispiel Pausen-/Besprechungsräume
  • Fehlende Ausstattung wie zum Beispiel Wickeltische, Garderoben und Stühle
  • Fehlende Vertretungen
  • Hohe Anteile von Kindern mit besonderen Unterstützungsbedarfen durch Armut der Familie, Migration und Behinderungen
  • Fehlende Zeit und fehlendes Personal für die Umsetzung der bereits jetzt geforderten Qualität.
Menschen, die vor dem Rathaus protestieren
Die Vergrößerung der Gruppen in den Kindertagesstätten auf 21 Kinder stößt bei Kindern, Eltern und Erzieher_innen auf absolutes Unverständnis. Deshalb kamen viele zur Protestversammlung am 16. Mai 2017 vor das Rathaus.

Aus den Argumenten der Kolleginnen und Kollegen, welche sich noch um viele Zeilen ergänzen lassen, wird deutlich, dass der Senat das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen verloren hat und der jetzige Beschluss eine Motivationsvernichtungsmaßnahme von bisher unbekanntem Ausmaß ist.
Das Bündnis für Kita-Qualität, in welchem sich die Personal- und Betriebsräte, die Elternvertretungen sowie die Gewerkschaften ver.di und GEW zusammengeschlossen haben, hat deutliche Forderungen hinsichtlich zusätzlicher Finanzbedarfe zur Verbesserung der Kita-Qualität und Gewinnung von Fachkräften an den Senat gestellt.
In seinen Beschlüssen zur Haushaltsplanung ist der Senat den Forderungen nach mehr Geld für das Arbeitsfeld zum Teil nachgekommen. So sollen in den Einrichtungen in sozialen Brennpunkten 56 halbe Stellen für Sozialpädagog_innen (2.296 Mio. Euro) eingerichtet werden und auch in der Ausbildung der Fachkräfte sollen neue Wege von bezahlter, praxisintegrierter Ausbildung gegangen werden. Trotz dieses Teilerfolges für die Kita-Qualität bleibt der bittere Beigeschmack, dass an einigen Standorten Kindern und Kolleginnen und Kollegen eine Überforderung zugemutet wird.
Bürgermeister Sieling und auch den Senatorinnen Linnert und Bogedan ist es bisher nicht gelungen, das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen zurückzugewinnen und den Widerspruch zwischen fachlichem Anspruch und gewährter Qualität aufzulösen.
Als Personalräte und engagierte Gewerkschafter_innen werden wir den Senat in seinen weiteren Schritten kritisch begleiten und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen die Zusagen überprüfen. Auch die Träger in der Tagesbetreuung dürfen sich dabei der Aufmerksamkeit sicher sein.
Aus meiner Sicht bleibt der schwierigste Punkt, in den nächsten Jahren ausreichend Fachkräfte sowie Interessierte für die Ausbildung zu gewinnen. In den letzten Jahren werben gerade die Umlandgemeinden Fachkräfte, auch unter großzügiger Auslegung des Tarifvertrages, ab. Bei dieser Herausforderung zeichnet es sich immer deutlicher ab, dass Bremen noch viel dafür tun muss, um sich als attraktiver Arbeitgeber für Erzieherinnen und Erzieher in der Region zu etablieren.

Toren Christians
stellvertretender Vorsitzender des Personalrats KiTa Bremen