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Schulsekretärin - ein toller Job...

...oder schlecht bezahlte Sackgasse?

An den Bremer Schulen arbeiten knapp 200 Verwaltungsangestellte - die meisten in Teilzeit, viele davon unfreiwillig. Zwei Kolleginnen haben uns darüber in einem Interview Auskunft erteilt.
MUMM: Ihr seid Schulsekretärinnen - oder "Verwaltungsangestellte an Schulen" wie es richtig heißt. Macht die Arbeit Spaß? Gibt es auch negative Seiten?
"Spaß ja, denn es ist ein sehr abwechslungsreicher und sehr anspruchsvoller Arbeitsplatz. Negative Seiten? Viele! Z. B. gibt es in der Regel keine festgelegten Sprechzeiten des Sekretariats, das bedeutet permanente Unterbrechungen bei der Arbeit durch Schüler, Lehrkräfte, Besucher, Telefon. Selbst ungestörte Pausen sind praktisch nicht möglich. Von uns werden viele Tätigkeiten erwartet und z. T. gefordert, die nicht unserer Aufgabenbeschreibung entsprechen, dazu gehören z. B. als erster Ansprechpartner die Beratung der Eltern, Schüler und Lehrkräfte und die Versorgung kranker Schüler. Dabei sind wir durch die faktische Vorzimmerfunktion für die Schulleitung und ständige Präsenz oft der Prellbock bei Beschwerden und Konflikten."
MUMM: Was ist anders als die Aufgabenbeschreibung?
"Seit 2003 sind viele sachbearbeitende Tätigkeiten von der Behörde in die Schule verlagert worden. Vieles klingt so einfach wie vorher, beinhaltet aber inzwischen viel mehr Verantwortung, Sachverstand und Eigeninitiative. Das muss endlich in der Aufgabenbeschreibung und bei der Bezahlung berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass in der Regel keine Krankheitsvertretungen zur Verfügung stehen und wir nach der Krankheit die liegengebliebenen Arbeiten nacharbeiten müssen."
MUMM: Und wie sieht es mit Aufstiegschancen für euch aus?
"Aufstiegschancen für Verwaltungsangestellte gibt es praktisch nicht. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen ist die Teilnahme an einem Aufstiegslehrgang möglich. Das gilt auch nur für Verwaltungsangestellte an Schulen, die in EG 6 TV-L eingruppiert sind, die vielen Kolleginnen in EG 5 haben gar keine Aufstiegschance."
MUMM: Die Schulferien sind dann aber doch bestimmt ein netter Ausgleich?
"Leider nicht, wir haben den gleichen Urlaub wie alle anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die Zeit, die in den Ferien nicht gearbeitet wird, muss von uns vor- oder nachgearbeitet werden."
MUMM: Schulsekretärin ist offensichtlich doch nicht der ideale Job. Aber dafür habt ihr sicher einen festen Vollzeitarbeitsplatz an einer Schule ?
"Schön wär’s. Vollzeitstellen haben die wenigsten. Und viele Kolleginnen müssen zwischen zwei Schulen pendeln, wenn sie mehr Stunden arbeiten möchten, um ihren Lebensunterhalt halbwegs abzusichern. Ein Recht auf Vollzeit gibt es für die meisten Verwaltungsangestellten an Schulen nicht."
MUMM: Aber die Bezahlung ist dann doch bestimmt angemessen für diese schwierige und auch nervenaufreibende Arbeit?
"Nein, mit EG 5 oder EG 6 kann man das kaum sagen. Wer nach dem 31.10.2003 eingestellt wurde, hat noch nicht einmal den alten Bewährungsaufstieg und bleibt "lebenslänglich" in EG 5. In anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes werden entsprechende Tätigkeiten oft höher vergütet - z. B. Sachbearbeiter-Tätigkeiten meist mit EG 8 oder mehr. Uns hat die Bildungsbehörde bisher eine Höhergruppierung verweigert."
MUMM: Was bedeutet das konkret für eure Kolleginnen?
"Etliche meiner Kolleginnen sind auf die Tätigkeit an zwei verschiedenen Schulen oder sogar zusätzliche Beschäftigungen angewiesen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Im schlimmsten Fall sogar in unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen auch außerhalb des öffentlichen Dienstes. Das ist sehr aufreibend und so bleibt nicht mehr viele Zeit für die Kinder und die Familie."
MUMM: Das klingt nach einer anstrengenden, schlecht bezahlten beruflichen Sackgasse. Was haltet ihr für notwendig, damit sich die Situation für euch und eure Kolleginnen verbessert?
"Wir brauchen:

  • Grundsätzlich eine bessere Vergütung, die der tatsächlichen Arbeit entspricht,
  • mehr Verwaltungsstunden für die Schulen entsprechend der gestiegenen Aufgaben und Anforderungen,
  • die Möglichkeit für Teilzeitbeschäftigte nach Wunsch Stunden aufzustocken, ohne an verschiedenen Schulen arbeiten zu müssen,
  • bessere Arbeitsbedingungen wie z. B. Sprechzeiten und teilweise bessere räumliche Ausstattung,
  • mehr Wertschätzung unserer Tätigkeit durch Behörde, Schulleitung, Kollegium und Öffentlichkeit,
  • mehr Unterstützung unserer Forderungen durch die Schulleitungen."

MUMM: Was kann getan werden, um diese Forderungen zu unterstützen?
"Besonders wichtig ist die Wahl von Verwaltungsangestellten in den Personalrat, damit wir unsere Interessen direkt vertreten können. Dazu wünschen wir uns eine hohe Wahlbeteiligung der Schul-Verwaltungsangestellten an den Personalratswahlen, damit sichergestellt wird, dass eine Verwaltungsangestellte Mitglied des Personalrats Schulen wird. Das stärkt auch den Personalrat gegenüber der Arbeitgeberseite."
MUMM: Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in eure Arbeitssituation - und viel Erfolg!

Das Interview führte
Hajo Kuckero
Personalrat Schulen