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Mamas und Papas "von Amts wegen"

Amtsvormundschaft endlich mit mehr Beachtung

Mutter, Vater und Kind sitzen an einem Tisch

Solange ein Kind noch nicht 18 Jahre alt ist, muss es jemanden geben, der die Verantwortung dafür übernimmt, dass es dem Kind gut geht. Diese Aufgabe haben die Eltern.
Manchmal können, wollen oder dürfen Eltern diese Aufgabe nicht übernehmen. Dies kann z. B. durch Krankheit oder bei Überforderung der Eltern oder bei Vernachlässigung oder Misshandlung des Kindes möglich sein. In diesen Fällen, aber auch bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und bei minderjährigen Müttern wird durch ein Gericht ersatzweise ein Vormund eingesetzt. Ein Vormund übernimmt die gesetzliche sowie auch persönliche Verantwortung und vertritt ausschließlich die Interessen des Mündels.
Ein Vormund ist für alles verantwortlich, was das Leben des Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich betrifft. Dazu gehören unter anderem Entscheidungen darüber, ob das Kind in einem Heim oder einer Pflegefamilie wohnt, welche Schule es besucht und welche pädagogischen Hilfen erforderlich sind. Der Vormund unterzeichnet den Ausbildungsvertrag, Einwilligungen zu einer Operation oder zu einer Therapie und trifft Entscheidungen im Rahmen der finanziellen Sorge. Außerdem hat der Vormund mitzureden, wenn es um die Kontakte zu den Eltern geht oder bei nicht gewollten Schwangerschaften.
Nicht immer finden sich verantwortungsvolle Menschen aus dem Umfeld des Kindes, denen eine solche Aufgabe übertragen werden kann. In solchen Situationen wird das Jugendamt mit dieser Aufgabe betraut. In Bremen wurde hierfür die Amtsvormundschaft des Amtes für Soziale Dienste eingerichtet und dazu Vormünder benannt.
Für die große Verantwortung dieser Tätigkeiten erleben die Kolleginnen und Kollegen in der Amtsvormundschaft viel zu wenig Verständnis. Zudem unterliegt das Handeln eines Vormundes einem strafrechtlichen Verfolgungs- und Verurteilungsrisiko (Garantenstellung) sowie dem Risiko einer Haftung. Welche Auswirkungen dies für das Leben eines Vormunds haben kann, hat das Verfahren um den tragischen Tod von Kevin K. deutlich gezeigt. Trotz der damals völlig überhöhten Zahl von ca. 250 zu vertretenden Mündeln (Fachleute halten eine Betreuungszahl von ca. 50 Mündeln für angemessen) und der anerkannten Überlastungssituation des Vormunds, gab es ein Disziplinarverfahren sowie ein öffentlich sehr beachtetes gerichtliches Verfahren, das den Vormund persönlich und gesundheitlich massiv beeinträchtigt hat.
In der Folge des tragischen Todes von Kevin und der stadtweiten Debatte zum Wohl eines Kindes ist es gelungen, die Zahl der gesetzlichen Vormünder zu erhöhen. Inzwischen nähern sich die Betreuungszahlen einer vertretbaren Menge an. Aktuell werden ca. 700 Mündel betreut. Es gibt immer weniger Unzufriedenheit mit der Menge und der Qualität ihrer Arbeit. Endlich gibt es viel bessere Möglichkeiten, sich intensiver um jedes einzelne Mündel zu kümmern und auch einen besseren Kontakt zu halten.
Hoffentlich kann dieser Standard gehalten werden. Zum Wohl der zu vertretenden Kinder, aber auch zum Wohle der Amtsvormünder dürfen hier keine Stellen gestrichen werden.

Burckhard Radtke