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Was nutzt mir eigentlich die Dienstvereinbarung

zur Suchtprävention und zum Umgang mit Auffälligkeiten am Arbeitsplatz

7 Personen sitzen an einem Tisch
Mumm bedankt sich für die klaren Worte der betrieblichen Suchtkrankenhelferinnen und Suchtkrankenhelfer

Der Gebrauch von Alkohol, Medikamenten und Nikotin ist in unserer Gesellschaft alltäglich. Aus dem Konsum können allerdings auch Abhängigkeitserkrankungen entstehen. Sie bedeuten häufig individuelle Tragödien für die Betroffenen und deren Angehörige. Suchtgefährdungen und -erkrankungen machen auch nicht vor den Eingangstüren der Dienststellen und Betriebe des bremischen öffentlichen Dienstes halt. Sie wirken sich massiv im Arbeitsleben (erhöhte Fehlzeiten, Leistungseinbußen, gesteigerte Unfallgefahren, Betriebsklima) aus. Die Freie Hansestadt Bremen ist sich ihrer Verantwortung als Arbeitgeberin und ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten bewusst. Deshalb ist die Suchtprävention und -hilfe fester Bestandteil des Personalmanagements und bereits seit 1989 in einer "Dienstvereinbarung zur Suchtprävention und zum Umgang mit Auffälligkeiten am Arbeitsplatz" - kurz: DV Sucht - verankert. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Enttabuisierung des Suchtthemas im betrieblichen Zusammenhang. In 2012 wurde sie grundlegend überarbeitet, denn Suchtprobleme am Arbeitsplatz sind vielschichtiger geworden - durch neue Süchte (Spielsucht, Mediensucht) oder die Kombination mit psychischen Erkrankungen. Wenn Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz auffällig werden, ist sachgerechtes Handeln - insbesondere der Vorgesetzten - gefragt. Die Dienstvereinbarung hat das Ziel, Beschäftigte und Führungskräfte für die Risiken und Folgen von Suchtmittelkonsum und -verhalten zu sensibilisieren und ein wirkungsvolles Handlungskonzept für das Vorgehen bei Auffälligkeiten sicherzustellen. Darin hat sich die DV Sucht in nunmehr 30 Jahren bewährt. Sie sieht auch vor, dass in jeder Dienststelle eine Ansprechperson für Suchtfragen bestellt wird. Die nebenamtlich tätigen Suchtkrankenhelferinnen und -helfer sind speziell geschult und in ihrer Funktion ein wichtiges, niedrigschwelliges Kontaktangebot mit "Wegweiserfunktion" - für Betroffene, Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzte. MUMM war zu Gast beim kollegialen Austausch der Gruppe der aktuell bestellten betrieblichen Suchtkrankenhelferinnen und -helfer und bedankt sich für den Einblick in ihre Arbeit.

Ivonne Weinhold

Drei Fragen - drei klare Antworten

Was nützt mir als Führungskraft die DV Sucht?

Susanne Pape: Suchtkrankheiten entwickeln sich schleichend und lange Zeit unauffällig. Meist wollen die Betroffenen selbst nicht merken, dass etwas nicht stimmt. Das betriebliche Umfeld nimmt Veränderungen wesentlich früher wahr - darin liegt eine große Chance. Aber nach wie vor bestehen Unsicherheiten, wie damit umzugehen ist. Es geht nicht darum, Diagnosen zu stellen, sondern Auffälligkeiten am Arbeitsplatz zu benennen. Mit der DV Sucht haben Führungskräfte eine konkrete Handlungshilfe für die Vorbereitung und Durchführung des ersten Gesprächs unter vier Augen.

Hartmut Litfil: Die Dienstvereinbarung gibt einen klaren Rahmen vor. Vorgesetzte müssen nicht alles alleine machen, denn das Handeln nach Stufenplan schafft Verbündete. Gemeinsam Betroffene mit ihrem Suchtverhalten konfrontieren und Veränderungsbereitschaft wecken - darum geht es.

Verändert die DV Sucht für Betroffene wirklich etwas?

Werner Fechner: Ja! Wenn es die Dienstvereinbarung nicht gegeben hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr hier und schon gar nicht Teil der Gruppe der betrieblichen Suchtkrankenhelferinnen und -helfer. Angefangen hat vor Jahren alles damit, dass sich eine Kollegin an meine Vorgesetzte und den Personalrat gewandt hat. Das brachte den Stein ins Rollen: Ich habe eine Therapie gemacht und wurde dazu 'verdonnert', in die betriebseigene Selbsthilfegruppe zu gehen. Ich war total verunsichert: Wie geht es zu Hause und auf der Arbeit weiter? Diese Ängste waren eine große Last. Der betriebliche Suchtkrankenhelfer nahm mich unter seine Fittiche. Nach und nach wurde alles leichter. So kam es, dass ich heute mit meinen Erfahrungen selbst zu diesem Kreis gehöre.

Welche Botschaft ist den Suchtkrankenhelferinnen und Suchtkrankenhelfern wichtig?

Sandra Mehrtens: Gar nichts tun, verlängert den Krankheitsverlauf und gefährdet auf lange Sicht sogar den Arbeitsplatz. Diese Art von falsch verstandener Rücksichtnahme hilft niemandem. Im Fall der Fälle kann man sich auch an jemanden aus unserer Gruppe wenden. Haben Sie keine Angst zu handeln! Sie können nichts 'schlimmer' machen, außer Sie tun gar nichts.

Michael Kasch: Sucht ist eine Krankheit, die uns alle treffen kann. Der aktuelle Gesundheitsreport der DAK für Bremen und Niedersachsen zeigt, dass eine betriebliche Suchtkrankenhilfe vor Ort sehr sinnvoll ist.

Gesundheitsreport 2019 der DAK für Bremen und Niedersachsen:

https://dak.de/dak/download/dak-gesundheitsreport-2019-sucht-pdf-2073718.pdf