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Wir dürfen uns nicht an der Nase herumführen lassen!

Warum es wichtig ist, zur Europawahl zu gehen

Horst Seele-Liebetanz vor einer Europawahl-Litfaßsäule
Horst Seele-Liebetanz hat Psychologie und Philosophie studiert und seine Arbeit 1992 im Informationsbüro Bremen der Senatskanzlei begonnen. Heute arbeitet er bei der Bevollmächtigten der Freien Hansestadt Bremen beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit. Er wollte immer an der Schnittstelle von Politik und Wirtschaft arbeiten. Bevor er seine heutige Arbeit im Bereich der Fördermittelberatung und Öffentlichkeitsarbeit aufgenommen hat, hat er am Standort in Brüssel gearbeitet. (Foto: Horst Seele-Liebetanz]

Der 26. Mai ist in diesem Jahr ein ganz besonderer Wahltag. Es finden zum einen die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft und zum anderen die Europawahl statt. Die Themen zur Bürgerschaftswahl werden uns seit einiger Zeit von den Medien und Parteien stark ins Bewusstsein gerückt, aber auch die Europawahl ist für Bremen von großer Bedeutung. Warum es wichtig ist, zur Europawahl zu gehen, darüber spreche ich mit Horst Seele-Liebetanz von der Europaabteilung der Bevollmächtigten der Freien Hansestadt Bremen beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit.
MUMM: Ist Europa wichtig für Bremen?
Horst Seele-Liebetanz: Bremen war in der Vergangenheit direkt abhängig von internationalen Lösungen und hat solidarische Unterstützung, wie zum Beispiel in der Stahl- und Werftenkrise erhalten. Es ist bekannt, dass gemeinsame Lösungen in dieser Strukturkrise das Anwachsen von Arbeitslosigkeit abgemildert hat. Deshalb ist es für Bremen auch in der Zukunft wichtig, von guten Politikerinnen und Politikern in der EU vertreten zu sein.
MUMM: Wie bringt Bremen sich heute in Europa ein?
Horst Seele-Liebetanz: Die beiden Europaabgeordneten Dr. Joachim Schuster und Dr. Helga Trüpel machen für Bremen eine gute Arbeit. Ebenfalls ist die Bevollmächtigte der Freien Hansestadt Bremen beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit, Ulrike Hiller, in Brüssel sehr aktiv. Sie arbeitet im Ausschuss der Regionen und bringt sich bei der Gestaltung neuer Gesetzte konstruktiv ein.
MUMM: Ist das nicht alles sehr abstrakt? Hast du ein Beispiel, wo EU-Maßnahmen die Menschen direkt erreichen?
Horst Seele-Liebetanz: Ein Beispiel ist die Sozialpolitik. Obwohl sie zunächst nicht in die Zuständigkeit der EU fällt, werden dort gerade jetzt wichtige Initiativen gestartet: Zum Beispiel bei den Wanderarbeitnehmer_innen muss das Ziel sein, dass sie faire und gleiche Löhne bekommen.
MUMM: Viele Bürgerinnen und Bürger sagen, dass die Europapolitik weit weg von den Menschen vor Ort ist. Was denkst du darüber?
Horst Seele-Liebetanz: Diesen Eindruck habe ich nicht. Wir sind alle mehr von der EU-Politik direkt betroffen, als man glaubt! Die Europapolitikerinnen und -politiker kommen regelmäßig zu uns in den EuropaPunktBremen. Sie berichten dort zum Beispiel in öffentlichen Veranstaltungen von ihrer Arbeit und stellen sich zu unterschiedlichen Themen den Diskussionen mit den Bremerinnen und Bremern. So bringen sie die europäischen Themen direkt zu den Menschen nach Bremen. Gute Erkenntnisse aus den Diskussionen werden nach Brüssel getragen.
MUMM: Was ist das Besondere an deiner Arbeit in der Europaabteilung?
Horst Seele-Liebetanz: Mit Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenzuarbeiten. Die Erkenntnis, wieviel wir Bremer_innen geben können und wieviel wir auf der anderen Seite auch zurückbekommen und lernen können. Es gefällt mir, mit so vielen Menschen zusammenzuarbeiten. So sind häufig Dinge möglich, an die wir alleine vorher so nicht gedacht hätten. Vor Jahren haben wir beispielsweise in einem europaweiten Projekt mit der Verwaltung aus mehreren anderen EU-Mitgliedstaaten zusammengearbeitet. Da haben wir eine ganze Menge mitnehmen können.
MUMM: Wir erleben zunehmend, dass von bestimmten Menschen Stimmung gegen ein vereinigtes Europa gemacht wird. Was denkst du darüber?
Horst Seele-Liebetanz: Wir sind alle ein bisschen ratlos, was hier gerade passiert. Als ob der Kompass durcheinandergeraten ist. Für viele Probleme gibt es heutzutage nur auf internationaler Ebene gescheite Lösungen. In der Frage der Migration sind aus meiner Sicht ausschließlich gemeinsame Lösungen möglich. Allerdings leben wir in einer Zeit, in der der Nationalismus wieder stark anwächst und viele Bauernfänger die Menschen mit einfachen Lösungen fangen wollen. Ich denke, wir sollten das Feld nicht den Antieuropäern überlassen.
MUMM: Wie hoch war die Wahlbeteiligung bei der letzten Europawahl?
Horst Seele-Liebetanz: Die letzte Wahlbeteiligung im Land Bremen lag bei 40,3 Prozent - keine Glanzleistung!
MUMM: Und wie willst du die Wahlbeteiligung verbessern?
Horst Seele-Liebetanz: Die Bevollmächtigte hat die Kampagnen "In Bremen und Bremerhaven leben - Europa wählen!" gestartet, um alle Bürgerinnen und Bürger im Land zu informieren, wie wichtig und wie einfach es ist, mitzuwählen! Wir gehen flächendeckend an Schulen, Hochschulen, Vereine, Verbände und haben hierfür schon über 200 Akteur_innen, die uns unterstützen. Über die Website www.bremen-waehlt-europa.de und mit Hilfe der Jugendbeiräte und Infoevents wollen wir auch die erreichen, die zum ersten Mal wählen dürfen. Und alle Unionsbürger_innen sollen über ihr Wahlrecht informiert werden!
MUMM: Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen dir bei der weiteren Arbeit für Europa und Bremen viel Erfolg.

Das Interview mit Horst Seele-Liebetanz führte Lars Hartwig.