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Der Präsident des Senats im Wortlaut

Foto von Dr.Henning Scherf am Rednerpult
Dr. Henning Scherf am Rednerpult

"Tag allerseits,
ich danke für die Einladung zu dieser Veranstaltung. Ich versteh das als Recht des Gesamtpersonalrats, solche Veranstaltungen, nicht jedes Jahr, aber doch in schwieriger Lage zu machen. Das ist Teil der Mitbestimmung und für diese übernehme ich auch Mitverantwortung gegen Kritik, die öffentlich geäußert wurde.
Die Lage dieses kleinen Landes ist dramatisch, ist extrem und ist extrem schwierig.
Zwischenrufe
Na gut, Sie haben ein Mandat, für Ihre eigenen Interessen hier zu kämpfen, aber Sie haben kein Mandat, das Wählervotum von vor zwei Jahren zu korrigieren, da überschätzen Sie sich.
Pfiffe
Das ist die schlichte Wahrheit gewesen, was sie da zu pfeifen haben, versteh ich nicht. Sie halten die Wahrheit offenbar nicht aus.
Die Lage ist dramatisch, Edmund Mevissen hat zu Recht gesagt, wir können sie nicht aus eigenem lösen. Wir sind angewiesen darauf, dass uns die anderen Bundesländer und auch die Bundesregierung bei der Lösung unserer extremen Haushaltsnotlage helfen. Wir bereiten eine neue Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht vor. Und wir werden alles, was wir in den letzten Jahren gemacht haben, nicht nur in diesen Prozess einführen, sondern wir sind darauf eingerichtet, dass alle Bundesländer und auch die Bundesregierung, egal wer da regiert in Berlin, scharf darauf achten, was unser eigener Beitrag zur Sicherung der Selbstständigkeit dieses Landes ist.
Zwischenrufe
Ich weiß nicht, was Sie da oben studiert haben, aber ich habe mir Mühe gemacht, mit der (Lage?) des Bundesverfassungsgerichts mich auseinanderzusetzen.
Pfiffe
Ihr Pfeifen wird von den Verfassungsrichtern nicht gehört, jedenfalls wird es die nicht beeindrucken, das muss ich hier auch noch sagen.
Also, wir sind gehalten, um der Existenz willen dieses Landes vor dem Bundesverfassungsgericht unseren Eigenbeitrag zu konkretisieren und auch zu belegen. Darum ist es eine existenzielle Frage, eine Frage des Überlebens dieses Landes, dass wir sowohl nach innen wie nach außen im öffentlichen Dienst uns gefallen lassen müssen, dass jede Entscheidung, die hier getroffen wird, verglichen wird mit den Entscheidungen, die in anderen Ländern der Bundesrepublik und in der Bundesregierung selber getroffen werden. Wir können es uns nicht leisten, wir können es uns nicht leisten, mit Begründung auf besondere Notwendigkeit Extras, Extras zu organisieren, Extras durchzusetzen.
Wenn gefordert wird, wir sollten dem Tarifvertrag zustimmen, muss darauf verwiesen werden, dass die Tarifgemeinschaft der Länder, deren Mitglied wir sind, in Verhandlungen ist, und es überhaupt keine Möglichkeit gibt, dass wir aus dieser Verhandlungslinie ausscheren und sagen, wir lösen unsere Probleme alleine. Wir können sie nicht alleine lösen, Edmund Mevissen hat Recht. Wir brauchen die anderen. Und darum brauchen wir eine Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die funktioniert, die handlungsfähig ist und die abschlussfähig ist. Das ist unsere Position. Alle anderen Sonder-, Sonderrollen sind völlig illusionär und gehen gegen die vitalen Interessen dieses kleinen Landes. Und darum wird das nicht passieren. Da können Sie den Rat, der erste Redner hier, Herr Hinners hat vorgeschlagen, mir den Kopf abzuschlagen, Sie können seinen Rat befolgen, es wird nichts ändern an dieser Tatsache.
Das zweite ist, dass wir natürlich nicht nur im öffentlichen Dienst sparen, sondern dass wir auf der gesamten Breite des öffentlichen Handelns im Land, in diesem kleinen Land, überall Beiträge, Eigenbeiträge verlangen müssen, durchsetzen müssen. Wir können nicht den einen Teil gegen den anderen ausspielen. Sondern wir haben nur die Möglichkeit, dass wir überall da, wo noch ein Rest Handlungsspielraum ist, viel haben wir gar nicht mehr, ein Resthandlungsspielraum ist, hier beweisen, wir haben unseren Teil der Sanierung, unseren Teil zur Verteidigung der Selbstständigkeit Bremens begriffen, und den machen wir, solange wir dafür ein Mandat bekommen, solange wir dafür gewählt werden.

Foto von Dr. Henning Scherf mit einem Reporter von Radio Bremen im Interview
Dr. Henning Scherf im Interview mit Radio Bremen

Weil Sie von mir verlangen und zu Recht verlangen, dass ich mich vor den öffentlichen Dienst stelle, will ich das versuchen.
Wir werden, nicht nur wir im Senat, sondern wir insgesamt im öffentlichen Dienst werden von der Gesamtgesellschaft beäugt, beguckt, wie wir mit dieser schwierigen Lage klar kommen. Dass sie leicht ist, dass sie schön ist, sagt niemand. Aber dass sie schwierig ist, das haben die meisten begriffen. Und die Leute, die Leute verlangen von uns, dass wir trotz der schwierigen Lage unser Bestes tun. Und ich behaupte, bis zum Beweis des Gegenteils, wir tun es auch. Wir im öffentlichen Dienst tun es auch.
Wir sind nämlich nicht einfach nur Privilegienverteidiger, sondern wir sind bereit, durch Veränderung, durch Weiterbildung, durch Weiterqualifizierung und auch durch veränderte Dienstleistungsstruktur dieser Forderung der Öffentlichkeit, dieser Forderung der Bürger, die ja mit ihren Steuergeldern das Ganze finanzieren, entgegenzukommen und entgegenzu(...?). Darauf setze ich, darauf verlasse ich mich.
Und weil Frank Bsirske gleich nach mir redet, will ich gerne auch in seine Richtung sagen, ich wünsch mir,... darf ich sagen, dass wir uns duzen? Darf ich sagen, wissen die sowieso alle...
...ich wünsch mir, dass es zu einem Tarifabschluss kommt. Ich habe einen Alptraum, wenn die Tarifgemeinschaft auseinanderfliegt und wir ein wildes Durcheinander haben, eine wilde Konkurrenz haben. Die geht übrigens zu Lasten solcher kleinen Stadtstaaten wie wir. Wie sollen wir uns denn dagegen wehren. Wir sind für Tarifgemeinschaft, wir sind für Tarifverträge, aber wie müssen die aussehen? Und ich wünsch mir, dass es bei diesen Tarifverhandlungen gelingt, dass wir einvernehmlich zwischen den Tarifparteien sowas wie regionales Fenster vereinbaren. Das kann man machen, das ist früher auch schon mal gemacht worden, das ist gar nichts so sensationelles Neues, damit wir in die Möglichkeit kommen, nach dem Abschluss, nach dem Flächentarifabschluss, bitte sehr in die Möglichkeit kommen, hier vor Ort, hier in diesem Stadtstaat unsere besonderen Probleme, unsere besonderen Aufgaben, unsere besonders hohe Arbeitslosigkeit mit eigenen Antworten zu beantworten. Das meine ich, wenn wir reden, wir wünschen uns einen Solidarpakt, und ich behaupte weiter, dass es dafür Begründungen gibt.
Ich danke Ihnen allen fürs Zuhören."

Dr. Henning Scherf, Präsident des Senats