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Was nutzt mir eigentlich die Dienstvereinbarung ...

... Konfliktbewältigung am Arbeitsplatz?

Bild von Nicoletta Witt
Nicoletta Witt hat beim Gesamtpersonalrat jahrelang bei Konflikten am Arbeitsplatz beraten

MUMM: Liebe Nico, nach jahrelangen Befristungen ist die Dienstvereinbarung Konfliktbewältigung am Arbeitsplatz (pdf, 428.9 KB) seit dem 23. Juli endlich unbefristet gültig. Warum ist das gut für die Kolleginnen und Kollegen im bremischen öffentlichen Dienst?

Nicoletta Witt: Das Besondere an dieser Dienstvereinbarung ist, dass sie - im Gegensatz zu allen anderen Dienstvereinbarungen - in erster Linie von Betroffenen genutzt wird. Sie gibt Kolleginnen und Kollegen, die sich in einem Konflikt am Arbeitsplatz befinden, zunächst Orientierung und Hilfestellungen: Wo finde ich Hilfe? Was kann ich machen? Welche Wege gibt es zur Auflösung von Konflikten? Deshalb ist es für mich ein positives Signal der Senatorin für Finanzen, dass sie unserer Empfehlung gefolgt ist und die Dienstvereinbarung jetzt entfristet wurde. Gleichzeitig hoffe ich, dass die Dienstvereinbarung nicht aus dem Blickfeld gerät, sondern auch in Zukunft lebendig diskutiert, genutzt und weiterentwickelt wird.

MUMM: Sind Konflikte nicht etwas Normales im Leben? Wozu brauche ich zum Umgang damit eine Dienstvereinbarung?

Nico: Konflikte sind dann nicht mehr normal, wenn sie über einen längeren Zeitraum andauern. Wenn Probleme vor sich hin schwelen und Kolleginnen und Kollegen sich in ihrer Arbeitszufriedenheit und Gesundheit beeinträchtigt fühlen. Das kann dazu führen, dass das Klima nicht mehr stimmt und auch Arbeitsergebnisse schlechter werden. Aus diesen Gründen ist es wichtig für die Beschäftigten und die Führungskräfte, rechtzeitig daran zu arbeiten, dass Konflikte bearbeitet und aufgelöst werden. Das Land und die Stadtgemeinde Bremen hat sich mit der Dienstvereinbarung dazu verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor sozialen Konflikten und Mobbing zu treffen.

MUMM: Nico, du hast auf Grund deiner Qualifikation viele Jahre lang Betroffene, Personalräte und Vorgesetzte bei Konflikten am Arbeitsplatz beraten. Wie müssen wir uns das vorstellen?

Nico: Der Gesamtpersonalrat ist für viele betroffene Kolleginnen und Kollegen die erste Anlaufstelle. Es geht dann darum, mit den Möglichkeiten der Dienstvereinbarung einen Konflikt in einem frühen Stadium aufzulösen. Dazu führe ich selbst viele unterstützende Gespräche. Ich verweise aber auch an die professionellen, unterstützenden Einrichtungen (siehe Infokästen). Mein Ziel ist es, Prozesse in Gang zu setzen, die zur Auflösung von Konflikten beitragen können. Dabei kann ein Blick von außen manchmal hilfreich sein. Wichtig ist mir dabei, jeden Schritt im Einverständnis mit den Betroffenen zu gehen. Nach meinen Erfahrungen trägt es sehr zum Erfolg bei, die Personalräte einzubeziehen.

MUMM: Wie entstehen Konflikte?

Nico: Konflikte entstehen aus den unterschiedlichsten Gründen, oft wenn mehrere Stressfaktoren zusammenkommen: Zum Beispiel bei langen Erkrankungen und daraus resultierender Überlastung des Arbeitsumfeldes, da keine Vertretung bei Langzeiterkrankung vorhanden ist. Das gesetzlich vorgeschriebene Gespräch zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) ist dann ganz besonders wichtig. Hier können z. B. Maßnahmen festgelegt werden, die zur Konfliktvermeidung auch in Richtung des Arbeitsumfeldes beitragen.

MUMM: Hast du zum Abschluss noch einen wichtigen Hinweis?

Nico: Sowohl Arbeitsverdichtung, geringe Wertschätzung der Einzelnen, nicht alternsgerechte Arbeit bzw. Arbeitsplätze als auch "überforderte" Vorgesetzte tragen dazu bei, dass es Konflikte am Arbeitsplatz leider weiterhin geben wird. Daher ist es so wichtig, dass mit Konflikten gut umgegangen und immer wieder an ihrer Auflösung gearbeitet wird.

MUMM: Vielen Dank, liebe Nico für dieses Interview.

Das Interview führte
Doris Hülsmeier